Ein Beitrag zu der Blogparade von Alexander Schnapper zum Verlust der digitalen Heimat.

Wie spannend und auch klar, dass es mir nicht allein so geht. In meiner Session beim diesjährigen Münstercamp habe ich zusammen mit anderen Teilnehmenden zum Thema „Ich habe meine digitale Heimat verloren“ über das Dilemma Twitter gesprochen. Bei Hubert Mayer habe ich nun gelesen, dass es dazu eine Blogparade gibt. Klasse. Ich bin nicht allein.

Ich war lange auf Twitter. Meinen Account habe ich früh und unter meinem Klarnamen angelegt. Hatte tausende Follower, nutze die Plattform aktiv für mein gesamtes Allerlei. News, Echtzeitkommunikation, Eventbegleitung, Dönnekes – alles. Zigfach täglich öffnete ich die App am Smartphone, begleitet mein Leben in diesem digitalen Ort und sobald ich am Rechner saß, lief in einem der Browsertabs auch Twitter.

Natürlich reduzierte sich das auch mal. Zwischendurch war ich Twitter-müde, die Zeitabstände in der Nutzung der App wurden länger und meine Beiträge weniger. Phasen. Mein digitales ZuHause blieb es. Hier waren so gut wie alle Accounts, von denen ich etwas lesen wollte. Mit denen ich diskutieren wollte. Denen ich mich mitteilen wollen. So wie man sich ein Nest baut. Zusammengetragen, gewachsen, gepflegt.

Doch dann kaufte Elon Musk Twitter. Jahre davor begeisterte er mich kurz. Zum Zeitpunkt des Kaufs hielt ich ihn für einen cleveren, reichen Dude mit ziemlich bescheuertem Allgemeinverhalten. Damals war ich super skeptisch, aber noch nicht wirklich bereit zu gehen. Ich behielt meinen Account, reduzierte meine Aktivität und beobachtete. Das ich irgendwann ganz gehen würde, kam mir zu dem Zeitpunkt noch nicht in den Sinn.

Ende

Während sich Elon Musk selbst, mit und Dank der Plattform und seiner Netzwerke stetig weiter radikalisierte und letztlich (aus meiner Sicht) zum gefährlichen, rechtspopulistischen, homophoben Idioten mutierte, passierte selbiges mit der Plattform. Immer mehr Beiträge dieser Art, immer mehr Hass und Hetze, immer mehr rechter Mist. Das war zuviel. Ich konnte und wollte es nicht weiter ertragen und ging. Vollständig. Konto gelöscht. Keine Sicherung. Kein doppelter Boden. Kein Zurück. Meine Twitter-Ära war vorbei.

Ja. Ich nenne es weiterhin Twitter. X war es erst, nachdem ich ging. Mein Netz war in Twitter gespannt. Meine digitale Heimat war dort.

Neuanfang?

Doch. Wo sind die ganzen Menschen und Accounts hin, denen ich so gern folgte? Mit denen ich gern diskutierte? Die mich mit News versorgten? Es gibt den einen Platz nicht für mich. Ich bin über die Plattformen gehopst. Post.News, Mastodon, BlueSky, Threads und, und, und. Ich habe diesen einen Platz nicht mehr. Die eine Anlaufstelle.

Ich fühle mich in der Kombination aus Facebook, Instagram, LinkedIn, Threads und einem erstarkten Blognetzwerk, RSS-Feeds und persönlichen Verbindungen aktuell sehr wohl. Mittlerweile haben sich viele alte Netzwerkverbindungen auf diesen Plattformen auch wieder so zusammengefunden, dass es für mich ähnlich funktioniert. Und: ich habe für mich erkannt, dass sich für mich persönlich, die Zeit eines einzelnen Platzes, einer digitalen Heimat wie Twitter es war, einfach erledigt hat.

Ich brauche diesen Platz nicht mehr. Ich bin nicht mehr traurig darüber, dass Twitter nicht mehr da ist. Es war eine tolle Zeit. Aber sie ist vorbei.

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2 Comments

  1. Mit Twitter bin ich tatsächlich niemals so richtig warm geworden. Am Anfang mochte ich die Idee Gedankenfetzen, die zu klein für einen Blogeintrag waren, dort zu posten, aber mir gefiel die allgemeine Stimmung dort irgendwann nicht mehr. Nur kritisch, nur am Meckern, nur Maulen und mehr… mag vielleicht an irgendwas gelegen haben, dass mir nur das dort immer gezeigt wurde, aber Twitter zog mich immer runter und irgendwann war ich dort gar nicht mehr…

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