Im Herzen Kärntens, südlich des kleinen Ortes Kolbnitz, liegt versteckt im Wald ein besonderes Örtchen: die Erasmusquelle. Ein Ort, der auf den ersten Blick unscheinbar wirken mag. Über den man eher auf dem Weg zwischen Kolbnitz und Napplach stolpert, als ihn gezielt aufsucht. Die Erasmusquelle birgt eine tiefe Geschichte und eine Legende, die bis heute Menschen anzieht – wenn sie denn wissen, dass es den Ort gibt. Denn außer auf einem kleinen Wanderschild an beiden Zugangswegen deutet nichts auf dieses Kleinod im Wald hin.
In diesem Blogbeitrag möchte ich meine Gedanken zu diesem Ort teilen. Ich war vor vielen Jahren zuletzt hier, da war ein erneuter Besuch im Jahr 2024 überfällig.
Eine Quelle der Heilung und des Glaubens
Die Erasmusquelle, die auch liebevoll „Bauchwehbründl“ genannt wird, ist mehr als nur eine natürliche Wasserquelle. Sie ist ein Ort, an dem sich Glaube, Geschichte und Volksmedizin verbinden. Die Legende besagt, dass der Besitzer der sogenannten Gratschniggrealität im Jahr 1864 die Quelle entdeckte und sie aus Dankbarkeit für seine Genesung von schweren Unterleibsschmerzen zu einem Quellheiligtum umgestaltete. Er baute ein kleines Materle, einen kleinen Wegstock als Kleindenkmal. Es heißt, das Wasser der Quelle habe ihm die Schmerzen genommen – eine Wirkung, die seither vielen Menschen nachgesagt wird.
Der heilige Erasmus, dem die Quelle geweiht ist, spielt in dieser Geschichte eine zentrale Rolle. Als einer der 14 Nothelfer gilt er als Schutzpatron bei Beschwerden im Bauchbereich, was auf sein eigenes Martyrium zurückzuführen ist. Der Legende nach wurden ihm die Gedärme bei lebendigem Leib aus dem Körper gezogen, was ihn zum Patron für alle Arten von Schmerzen in der Bauchgegend gemacht hat. Das Gemälde auf Holztafel, das den heiligen Erasmus und sein Martyrium darstellt, ziert die kleine Kapelle neben der Quelle und erinnert die Besucher an das Leiden und die Hoffnung auf Heilung.
Die Bedeutung der Erasmusquelle in der heutigen Zeit
In unserer schnelllebigen Welt, in der moderne Medizin und Technologie eine große Rolle spielen, scheint ein Ort wie die Erasmusquelle fast aus der Zeit gefallen. Doch gerade diese Abgeschiedenheit und das einfache, natürliche Umfeld machen die Quelle so besonders. Hier geht es nicht um schnelle Lösungen, sondern um die Besinnung auf die Kraft der Natur und den Glauben an Heilung.
Viele Menschen, die heute die Erasmusquelle besuchen, tun dies aus verschiedenen Gründen. Einige kommen, um das Wasser zu trinken, in der Hoffnung, Linderung für ihre körperlichen Beschwerden zu finden.
Aber Aufgepasst: Das Wasser ist als „Kein Trinkwasser“ gekennzeichnet.
Andere suchen die Ruhe und Spiritualität des Ortes, um sich von den Strapazen des Alltags zu erholen. In beiden Fällen bietet die Quelle einen Raum für Reflexion und innere Einkehr.
Auch aus volkskundlicher Sicht hat die Erasmusquelle eine besondere Bedeutung. Sie steht für den tiefen Glauben und die Traditionen der Menschen in dieser Region. Die Vorstellung, dass Wasser heilende Kräfte haben kann, ist in vielen Kulturen verwurzelt und wird hier durch die Verbindung mit dem heiligen Erasmus noch verstärkt. Es ist ein schönes Beispiel dafür, wie Volksglauben und Religion in einer natürlichen Umgebung zusammenkommen.
Die Rolle des Wassers
Das Wasser der Erasmusquelle wird seit über 150 Jahren als Heilmittel bei verschiedenen Beschwerden eingesetzt, insbesondere bei Magenschmerzen, Sodbrennen und Verdauungsproblemen. Doch was macht dieses Wasser so besonders?
Wissenschaftlich gesehen gibt es keine Beweise für die heilende Wirkung des Wassers. Doch die Geschichten und Berichte der Menschen, die hier Linderung gefunden haben, sprechen eine andere Sprache. In der Volksmedizin wird oft die Wirkung von Heilwasser betont, sei es durch die speziellen mineralischen Eigenschaften oder durch den Glauben an die heilende Kraft der Natur. Die Erasmusquelle reiht sich hier in eine lange Tradition von Quellen ein, die in ganz Europa bekannt sind.
Wichtig ist jedoch, die Wirkung nicht nur auf das Wasser selbst zu beschränken, sondern auch die Umgebung und die Ruhe des Ortes zu betrachten. Der Wald, die frische Luft und die Abgeschiedenheit tragen sicherlich zur Genesung bei, indem sie den Besuchern helfen, Stress abzubauen und neue Kraft zu schöpfen.
Ein Ort der Besinnung und des Glaubens
Die Erasmusquelle ist mehr als nur ein Ort der körperlichen Heilung. Sie bietet auch eine Gelegenheit zur spirituellen Besinnung. Der Kapellen-Bildstock mit dem Gemälde des heiligen Erasmus erinnert daran, dass Heilung nicht nur eine Frage des Körpers, sondern auch des Geistes ist. Viele Besucher nutzen die Gelegenheit, hier innezuhalten, zu beten oder einfach die Stille zu genießen.
Es ist faszinierend zu sehen, wie ein kleiner, unscheinbarer Ort eine so tiefe Bedeutung für die Menschen haben kann. Die Mischung aus Natur, Geschichte und Glauben macht die Erasmusquelle zu einem einzigartigen Ziel, das nicht nur für Einheimische, sondern auch für Besucher aus anderen Regionen ein lohnendes Ausflugsziel ist.
Eine kleine Bank oberhalb des kleinen Materle laden zur Ruhe ein.
Schlussgedanken und Einladung zur Entdeckung
Die Erasmusquelle in Unterkolbnitz ist aus meiner Sicht ein wunderbares Beispiel dafür, wie eng Natur, Geschichte und Volksglauben miteinander verbunden sein können. Sie erinnert uns daran, dass es Orte gibt, an denen man nicht nur körperliche Heilung, sondern auch innere Ruhe und Besinnung finden kann. In einer Welt, die oft hektisch und laut ist, bieten solche Orte eine wertvolle Möglichkeit, sich auf das Wesentliche zu besinnen.
Mir war der erneute Besuch wichtig. Ich wollte wieder hierher und auch Jahre später noch einmal schauen, ob dieser Ort weiterhin gepflegt wird. Er wird gepflegt. Die frischen Blumen in der kleinen Erasmuskapelle und auch die entzündete Kerze zeigen dies mehr als deutlich.
Der Beitrag hier ist Teil einer Reihe über Kärnten/Österreich
Möglicherweise hast Du die Beiträge bisher nicht gesehen, aber wahrscheinlich gibt es mehrere Beiträge, die sich mit dem Thema Kärnten/Österreich beschäftigen. Das liegt daran, dass ich gewöhnlich mindestens 1-2 pro Jahr genau dorthin fahre. Einige Erlebnisse, Eindrücke und Co. halte ich hier fest.
Alle Beiträge, die nicht gesondert gekennzeichnet sind, sind ohne Unterstützung entstanden. So wie dieser hier.
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