Katastrophen-Warnung: Es braucht mehr als eine App4 Min. Lesezeit (ca.)

Letzten las ich auf Facebook die Idee, „Wie wäre es denn mit einer Verpflichtung aller Mobilfunkbetreiber, eine Katastrophenapp zu installieren?“ als Ableitung der These, dass die meisten Menschen Hochwassergefahr-Sirenen nicht von Feuer-Sirenen unterscheiden können.

Der These kann ich nur beipflichten, der daraus abgeleiteten Idee leider nicht/leider nicht gänzlich. Aus dem Statement auf Facebook entwickelte sich eine kleine, kurze Diskussion mit dem Hauptargument, dass wir ja schließlich alle das Smartphone in der Hand haben und eine verpflichtende App durch Mobilfunkanbieter also am einfachsten und effektivsten sei. Dem möchte ich widersprechen.

Natürlich stecken sowohl in der These, in der Idee und auch in dem Argument viele Wahrheiten. Ohne Frage haben wir das Smartphone ständig in der Hand. Ohne Frage nutzen viele Menschen das Smartphone für alles und tragen es ständig mit sich herum. Da liegt die Idee gar nicht so abwegig weit weg.

Aber:

  • Mobilfunknetze funktionieren nicht immer

Selbstverständlich sind im Normalfall Mobilfunknetze gesichert und die Ausfallsicherheit zu einem hohen Anteil gegeben. So lange alles gut geht, alles nach Plan läuft und nichts Außergewöhnliches passiert. Für eine Frühwarnung wäre das also durchaus eine Möglichkeit, hier eine App zu nutzen.

In weiteren Fällen aber nicht. Zum Beispiel bei weiteren Gefahren oder Eintreten höherer Gefährdungsstufen. So sind – aktuell bei dem Hochwasser-Katastrophenfall – auch die Mobilfunknetze und die Stromversorgung lahmgelegt. Menschen in diesem betroffenen Gebiet könnten z.B. im Fall eines Dammbruches nicht per App gewarnt werden. Darüber hinaus haben viele Menschen in solchen Situationen nicht das Smartphone im Dauereinsatz, sondern viele andere Aufgaben in denen Smartphones unter Umständen nicht mitgeführt werden können. Schlamm, Wasser, Dreck, Stossschäden beim Aufräumen etc. – keine Chance.

  • Strom ist nicht immer gegeben (nicht nur zum Laden des Smartphone-Akkus, auch für den Betrieb von Funknetzen, WLAN-Netzen etc.)

Stromausfall an sich – unabhängig von anderen Katastrophen – könnte bereits eine Katastrophe sein. Dadurch ergibt sich die Kettenreaktion weiterer Probleme. Viele Menschen nutzen keine mobile Daten, sondern sind auf eine Datenverbindung durch das nutzbare WLAN zu Hause, im Büro etc. angewiesen. Wenn kein Strom da ist, ist auch der Datenverkehr hier problematisch.

  • Es gibt unzählige Gelegenheiten, wo Menschen das Smartphone eben nicht bei sich tragen oder benutzen (Auto, Schulunterricht, Arbeit, Arztbesuch, Lautlos in der Nacht gestellt und vieles mehr)

Gerade in der Schule ist z.B. für Schüler die Nutzung der Handys verboten, an vielen Arbeitsplätzen ebenfalls. Dadurch ergibt sich das weitere Problem der Erreichbarkeit.

Eine App – selbst die SMS Warnung, oder eine Mitteilung auf alle eingeschalteten Geräte, die derzeit erneut diskutiert wird – ist ALLEIN nicht die Lösung des Problems und nicht das Mittel der Erreichbarkeit.

Allein aus logischen Gesichtspunkten sollten sich die Verantwortlichen hinsetzen und gemeinsame Lösungen entwickeln, die die Möglichkeit zur Erreichbarkeit der Menschen schnell und verständlich ermöglicht.

Natürlich gehören Radioschaffende, TV-Schaffende, Medien-Schaffende, Politik, Hilfsorganisationen, Katastrophenschutz, Bevölkerungsschutz und viele mehr (Unternehmen mit wirtschaftlichem Interesse lassen wir einfach mal aussen vor) an diesen „Tisch“ und es müssen kreative Lösungen gefunden werden. Keine Insellösungen und kein Allheilmittel. Prozesse, Methoden, Mittel, Warnketten und hybride Möglichkeiten müssen her/optimiert werden.

Dazu zählen dann eben – neben Apps, SMS, Radio und Co. eben auch Sirenen. Denn diese sind schnell zu realisieren, schnell zu aktivieren und von vielen in jeder Situation unabhängig von weiteren Infrastrukturen wahrzunehmen … und natürlich gehört dazu auch wieder eine erhöhte Schaffung der Aufmerksamkeit, eine gehörige Portion Aufklärung des Wissens, was im Fall einer Sirene zu tun ist, Lautsprecherdurchsagen auf den Straßen, Mitteilungen in den Medien, Radio und Web, SMS, Apps und Co … das sollte eine logische Struktur und Methodik bekommen. Wahrscheinlich noch vieles mehr…

Früher haben wir gelernt: Wenn die Sirene heult, mach das Radio an und warte auf Infos. Eine simple Botschaft, die – wenn gelernt und an die heutige Zeit und die Möglichkeiten angepasst – sicher hilfreicher ist, als „NUR“ eine digitale App, die im Zweifelsfalls vorhersehbar nicht das schafft, was sie schaffen sollte: Sicherheit.

Machen wir uns nichts vor: Z.B. im Fall eines Ausfalls des Stromnetzes – sei es durch Terror, Natur, Krieg oder was auch immer – sind wir im Eimer. Da braucht es mehr als nur Apps und digitale Denke.

Just my 2 Cent – und natürlich nicht vollständig. Sind ja nur ein paar Gedanken und die Idee für einen Lösungsansatz.

Veröffentlicht von

Thorsten Ising

Thorsten. Geboren 1972. Vater von zwei Töchtern und hier privat unterwegs. Ich brauche einen Platz für meine Gedanken, meine Beobachtungen, meine Anmerkungen. Dieser ist hier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert