“Es ändert sich nichts”, “Die da oben … “ – ne, Leute. Das ist zu einfach. Wir müssen schon selbst was tun und Aussagen wie “Was soll ich schon tun?”, “Meine Stimme ist zu klein”, “Wir Kleinen können nichts tun” – sind zu einfach, zu kurz gesprungen und falsch.
Ja. Natürlich ist es schwer, etwas zu erreichen. Das weiß ich auch Erfahrung selbst gut genug. Ich bin von meinen Versuchen, mehr zu tun, ebenfalls sehr frustriert. Aber aufgeben? Was ist das für eine Option? Ach, ich denke es ist klar, dass ich hier im folgenden von demokratischen Parteien spreche. Die #fckafd gehört für mich nicht dazu. Ich hoffe, wir sind uns einig.
Vor Jahren habe ich meinem damaligen (und immer noch in der Funktion aktiven) Bundestagsabgeordneten Christian Haase (CDU) geschrieben. Ich war verstimmt über die Pläne der CDU einem Gesetz zuzustimmen, welches einfach schlecht vorbereitet und inhaltlich Grütze war. Ich schrieb, dass ich einige Wochen später ohnehin in Berlin wäre und ich mich über einen persönlichen Austausch freuen würde.
Während ich, wie viele von Euch sicher auch, nicht mal mit einer Antwort gerechnet hätte, lud eine Mitarbeiterin mich zu einem Gespräch mit Christian Haase in sein Berliner Büro ein. Gesagt, getan.
Wir sprachen, diskutierten und ich fragte nach. Enttäuschend und desillusionierend für mich, war die Art und Weise der Entscheidungsfindung, die für die Stimme notwendig war. Während allein eine einzelne Instanz der Betroffenen des Gesetzes mehr als 600 Seiten als Argument gegen das Gesetz brachten, reduzierte sich die Basis-Entscheidungsvorlage auf wenige DIN A4 Seiten (so die mündliche Angabe damals). Ergänzend dazu kam die Vorgabe der Bundestagsfraktion (wir kennen das unter Fraktionsdisziplin), die letztlich zu einer – aus meiner Sicht lobbyistischen Entscheidung, statt einer Vernunftstscheidung führte.
Ja, leider funktioniert Politik in der Regel so. Man trifft Entscheidungen, weil es für einige Teile der Bevölkerung (oder Branchen/Unternehmen) gut ist, nicht als einzelne Person, sondern oft als einstimmige Linie. Das ist nicht immer so cool, aber damit kann man umgehen.
Für mich traf ich damals die Entscheidung, noch genauer hinzuschauen und auf Jahre hinweg hat sich die CDU schon damals für mich für jedwede Stimmabgabe völlig disqualifiziert. Herr Haase ebenfalls. Viele andere Entscheidungen, Handlungen und Äußerungen haben diesen Eindruck und meine Einschätzung um ein Vielfaches vertieft. Heute, bei dem populistischen Gebrabbel und der Rechtsfischerei seitens Funktionären wie Merz oder (noch schlimmer) Linnemann, ist es absolut ausgeschlossen, dass ich diese Entscheidung revidiere. Sei es drum.
ABER: Selbst wenn ich es für mich ausgeschlossen habe, verstehe und akzeptiere ich, dass es Menschen gibt, die sich in diesem Becken und mit der Gesellschaft der Menschen hier wohlfühlen. Ebenfalls hat mir der Vorgang an sich gezeigt, dass, auch wenn man letztlich nicht ans Ziel gekommen ist, es Möglichkeiten gibt, sich Gehör zu verschaffen.
Ein zweites Beispiel:
Nach einer der letzten Wahlen habe ich mich der SPD angeschlossen. Ehrlicherweise habe ich gewankt. Dabei ging es mir weniger um die SPD an sich, sondern um einen Schulterschluss mit demokratischen und gemeinwohlorientierten Parteien. Da sich die FDP und CDU (siehe oben) für mich persönlich völlig ausschließen, kamen nur SPD und Grüne für mich infrage. Warum keine der kleinen Parteien? Weil sie aus meiner Sicht zu wenig Einfluss nehmen können, sie sich zum Teil im lokalen wirklich sehr, sehr merkwürdig verhalten haben und ich einen lokalen Anschluss dabei suchte.
Egal, mittlerweile bin ich auch aus der SPD schon lange wieder ausgetreten. Das hat keine Gründe in der Bundes- oder Landespolitik. Das hat mir der Borniertheit und Arroganz einzelner zu tun. Populismus, Lügen und dieses ewige Parteigebashe, statt sich positiver Politik zuzuwenden und tatsächlich etwas bewirken zu wollen. Wie sollen größere Vereinigungen gute Dinge anstellen und ihre Macht gescheit und zum Guten einsetzen, wenn es im Lokalen schon nur arrogante, überhebliche Machtspielchen sind?
Auch das hat mich nachhaltig geprägt und frustriert. Sollen nur zwei meiner Beispiele sein.
Dennoch: Bei aller Frustration und persönlichen Gründen, sich nicht direkt politisch zu engagieren: Wir können alle etwas tun. WIR müssen auch etwas tun. Sonst wird sich nicht viel verändern können.
Also…
- Vielleicht passt politisches Engagement ja zu Euch? Tretet in eine demokratische Partei ein und stärkt damit den Rücken aller demokratischen Parteien
- Wer kann: engagiert Euch lokal, regional, überregional – es gibt auch tolle Möglichkeiten z.B. in Initiativen wie #ichbinhier Hass- und Hetze im Internet entgegenzutreten
- wir können aufklären, wenn Fakten verdreht werden
- wir können aufklären, in dem wir Fakten kommunizieren und Geschichte aufarbeiten
- wir können einfordern, bei der Wahrheit zu bleiben
- wir einfordern, Fakten und Belege beizusteuern, statt populistische Meinungen als Vorwurf stehenzulassen
- wir können Werte kommunizieren und an Werte erinnern, statt uns auf die Hetze einzulassen
- wir können laut sein, wenn Minderheiten nur leise wahrgenommen werden,
- wir können mit Menschen sprechen, statt über sie
- wir können demonstrieren, um auch anderen zu zeigen, dass wir da sind
- wir können uns in Social Media und Co. gegen Meinungen stellen – auch in Kommentarspalten von lokalen Gruppen, Medien und Co. – statt den Hetzenden das Feld zu überlassen
- wir können Petitionen unterzeichnen
- wir können Petitionen starten, um eine Beschäftigung rund um ein Thema in den Ausschüssen zu erreichen
- wir können Hass- und Hetze melden und anzeigen, um Straftaten, Aufrufe zur Gewalt und Co. nicht “normal” werden zu lassen
- wir können Fakten klarstellen, wenn wir belegen können, dass die andere Aussage nur populistischer Mist ist
- wir können Politiker*innen und Parteien Fragen stellen, damit sie sich damit beschäftigen und den Kontakt zu Basis nicht verlieren
- wir können unseren Kindern zeigen, was richtig und falsch ist – z.B. den Umgang mit Medien, damit nicht so viele Erstwählenden auf Internetpropaganda hereinfallen
- und vieles, vieles mehr.
Ja. Das alles hat nicht unmittelbar zur Folge, dass Gesetze, Entscheidungen und Co. sich direkt ändern – aber es ist etwas, was wir unternehmen können. Und alles davon ist mehr (und besser) als sich hinzustellen und darauf zu warten, dass von allein etwas passiert.
Jeder Mensch, der auch nur ansatzweise moralisch auf einem normalen Level ist, kann Pläne, Ideen, Ideologien und Vorhaben einer Partei nicht unterstützen, die Frauenfeindlichkeit, Rechtsextremismus, Homophobie, Behindertenfeindlichkeit, Remigrationspläne für Millionen von Menschen in Deutschland offen befürwortet und toleriert.
Wer eine solche Partei auch nur durch eine einzelne Stimme unterstützt, macht sich schuldig an der Zukunft unserer Gemeinschaft.
Wenn WIR nichts ändern, wenn WIR nicht agieren, wenn WIR nicht reagieren – sind wir am Arsch. Alle. Denn neben Ihrem beschissenen Bild auf die Werte und die Gleichheit der Menschen, ihrem fehlenden Anstand und der fehlenden Moral, ist das, was die #fckafd am meisten auszeichnet: die unverhohlene Lüge. Und wenn die weiter fruchtet, geht es richtig den Bach runter.