Der Kreis Lippe zieht sich aus der Verantwortung, schiebt diese auf die Labore ab, kommuniziert falsche Informationen und redet sich raus… und immer tiefer rein.
Zu dick aufgetragen? Leider nein.
Man mag es kaum glauben, der Kreis Lippe hat sich auf meine Beiträge bei Twitter gemeldet. Eine tägliche Erinnerung an offene Fragen hat, nach tagelangem Schweigen, irgendjemanden beim Kreis Lippe aus dem kommunikativem Tiefschlaf geweckt.
Nochmal zur Erinnerung: Es geht um die Abläufe eines CoVid-19-Tests und die anschließend fehlenden Testergebnisse in der Corona-Warn-App im Testzentrum des Gesundheitsamtes des Kreis Lippe in Lemgo. Hier werden lt. eigener Aussage des Kreises ausschließlich angeordnete Tests im Fall positiver Kontaktpersonen durchgeführt. Die bisherigen beiden Beiträge dazu: Beitrag 1 / Beitrag 2
Die Reaktion des Kreis Lippe auf meinen Twitter-Beitrag:
Ok, dann ist ja alles gut. Oder? NEIN, mitnichten – denn das ist so hanebüchener Blödsinn, dass man Hermanns Augenrollen bis nach Rom hören müsste.
Nehmen wir die Aussage mal auseinander:
„… sofern Sie Ihr Einverständnis gegeben haben…“
Zu einen müsste man für ein Einverständnis genau dafür gefragt werden. Ist nicht passiert. Beide Male nicht – zum anderen: muss auch nicht passieren, denn – zitieren wir aus dem Infoblatt, welches jeder zu testenden Person im Testzelt des Gesundheitsamtes des Kreis Lippe ausgehändigt wird:
„So erhalten Sie Ihr Testergebnis … Sie nutzen die Corona-Warn-App „…“ ODER Sie sehen im Internet nach.“
Siehe Informationsblatt des Kreises (PDF)
Schon der Satz „So erhalten Sie Ihr Testergebnis … Sie nutzen die Corona-Warn-App“ impliziert den zu testenden Personen schwarz auf weiss, dass die Daten in die App eingepflegt werden und die App für die Anzeige des Ergebnisses genutzt werden kann.
Wie man im weiteren Verlauf des Schreibens zum Umgang mit den Daten lesen kann, muss zur Verarbeitung der Daten auch gar keine Einwilligung erfolgen und die Daten werden auf jeden Fall verarbeitet. Ein Widerspruch ist nicht möglich. So heißt es im Wortlaut:
„Ihre persönlichen Rechte sind im Rahmen des Zweckes dieser Datenerhebung eingeschränkt“
Verantwortlich für die Datenerhebung: Kreis Lippe, Der Landrat, Felix-Fechenbach-Straße-5, 33756 Detmold“
Siehe Informationsblatt des Kreises (PDF)
Weiterer Beleg für die schlicht falsche Aussage, ein Einverständnis müsse dafür vorliegen, finden wir auf der Webseite des Kreises Lippe zu Test, Ergebnissen und der Corona-Warn-App:
„QR-Codes werden immer ausgegeben, sind aber deaktiviert, wenn keine Warn-App vorhanden ist…“
https://www.kreis-lippe.de/kreis-lippe/aktuelles/corona.php?pageIdb1db1032=8
und weiter
„Seit 11. November werden zusätzlich Barcodes beim Test herausgegeben. Unter covid19.labor-daten.de/patient/input.html kann das Testergebnis damit abgerufen werden.“
https://www.kreis-lippe.de/kreis-lippe/aktuelles/corona.php?pageIdb1db1032=8
Quelle: https://www.kreis-lippe.de/kreis-lippe/aktuelles/corona.php?pageIdb1db1032=8
Diese Aussage heißt nichts anderes als: Wir testen und das Ergebnis können Sie, wenn Sie die Corona-Warn-App nutzen, über die App abrufen. ZUSÄTZLICH geht das auf einem anderen Weg.
OK, Kreis Lippe? Tacheles: An welcher Stelle liegt die Falschaussage nun vor? In der Antwort auf Twitter oder sind die Falschinformationen auf der Webseite? Welcher Info soll und darf man Glauben schenken?
„… das Labor für die Ergebnisübermittlung via App zuständig… „
Ja, bestimmt sogar – denn die haben das Ergebnis. Das große ABER: Der Kreis ist für die Daten an sich verantwortlich, ist Auftraggeber und gibt die Richtlinien zur Datenverarbeitung vor… und dazu gehört eben auch die Datenweitergabe an die Corona-Warn-App. Zusätzlich dazu informiert der Kreis Lippe in seinen Infoblättern und auf der Webseite die Information, dass das Ergebnis in der Corona-Warn-App abrufbar sei.
Also, Kreis Lippe, wer ist dafür verantwortlich, den Datentransfer in die App anzuweisen und sicherzustellen, dass die Daten dort sind? Wer trägt die Verantwortung den Aussagen Taten folgen zu lassen? Braucht Ihr einen Hinweis, oder kommt Ihr von alleine drauf?
Der nächste Abschnitt der Antwort:
„Der Kreis Lippe hat hier hinsichtlich der Datenübermittlung keinen Einfluss“
Technisch gesehen mag das sogar halbgar stimmen und sicherlich sitzt hier niemand vom Kreis am roten Knopf und überträgt die Daten. ABER erneut: Der Kreis Lippe ist die verantwortliche Stelle in der Datenerhebung (siehe Infoschreiben) und verweist zu testende Personen in verschiedener Form (Webseite/Infoschreiben etc.) darauf hin, dass das Ergebnis in der Corona-Warn-App zu finden ist. Während des gesamten Prozesses gibt es KEINERLEI HINWEISE darauf, dass die APP seitens des Kreis Lippe nicht automatisch gefüttert wird – ganz im Gegenteil. In den zitierten Medien steht der Hinweis für die Testpersonen unmissverständlich, dass das Ergebnis in der Corona-Warn-App abrufbar ist/sein wird.
In weiteren Tweets/Twitter Beiträgen heißt es dann:
„Wir haben Ihnen erklärt, dass die Labore als unabhängige Einrichtungen die Testergebnisse in die App einpflegen, wenn Sie ihr Okay gegeben haben.“
https://twitter.com/Kreis_Lippe/status/1386989335585689611
Da brauche ich nicht noch mal weiter drauf eingehen, oder? Da die Sache mit dem Einverständnis und dem Okay oben ausreichend widerlegt wurde, wiederholt sich die Fehlinformation des Kreises erneut und das Abschieben der Verantwortung ebenfalls.
„Das Gesundheitsamt kann beim Labor darauf hinweisen. Wenn es bei Einzelfällen zu Problemen kommt, ist das natürlich ärglich. Jedoch sind auch die Labore gut ausgelastet, daher kann so etwas passieren. Ihr Ergbnis haben Sie ja unabhängig von der App mitgeteilt bekommen.“
https://twitter.com/Kreis_Lippe/status/1386989335585689611
Ja, lieber Kreis – da, wenn auch nur ganz kurz und am Anfang dieses einen Beitrages, war sowas ähnliches wie die Reaktion, die es gebraucht hätte … ein „Da müssen wir uns drum kümmern“-Moment. Genau das solltet Ihr tun. Genau das sollte das Gesundheitsamt tun. Mit den Laboren sprechen und den Prozess der Datenpflege prüfen. Den gesamten Organisationsprozess prüfen und letztlich dafür sorgen, dass die Daten dort abrufbar sind, wo sie hingehören.
Die Bagatellisierung des ganzen Vorfalls als „Einzelfälle“ – nachdem Ihr Euch in den anderen Beiträgen bereits systematisch aus der Verantwortung zieht, zeigt dagegen noch mal deutlich, wie das und was genau manifestiert werden soll. Ihr tragt dafür keine Verantwortung. Wenn, liegt es an dem Einverständnis, der Testperson oder dem Labor. Aber sicher nur in Einzelfällen. Ist klar.
Allein wir sind fünf Einzelfälle im Haus. Weitere sind persönlich bekannt. Auf Twitter frage ich gerade nach weiteren „Einzelfällen“… und wie man an den eintrudelnden Antworten erkennen kann, ist die „Einzelfall“-Nummer bereits jetzt widerlegt.
Fazit am heutigen Tag
Der Kreis Lippe antwortet mit falschen Informationen auf meine Fragen, wälzt die Verantwortung ab und bagatellisiert den offensichtlich systematischen Fehler im Ablauf der Organisation als Einzelfall.
Ehrlich, Kreis Lippe – es ist einerseits wirklich unsäglich, dass ihr die erste Kritik nicht einfach zum Anlass genommen habt, die Organisation und Abläufe zu hinterfragen und dafür Sorge zu tragen, dass die Ergebnisse ordentlich dort ankommen, wo man sie a.) erwartet und b.) von Euch zugesagt hinterlegt und beworben werden.
Andererseits ist noch viel unsäglicher, dass Ihr die Verantwortung von Euch schiebt und auf die Labore abwälzt, in der Kommunikation dahingehend erneut voll versagt, dass Ihr – wenn überhaupt – mit Falschaussagen, ignoranter Arroganz, Überheblichkeit und Abschwichtigung antwortet. Letzteres hat bei Euch tatsächlich System, wie man den Antworten auch auf andere Beiträge, Tweets und Facebook-Seiten unzählig unter Beweis stellen kann. Frech. Herablassend. Arrogant. Ignorant.