Auf dieser Tour fliegt die Zeit wirklich an uns vorbei. Morgen geht es schon wieder runter von Islay und zurück nach Edinburgh. Aber auch erst morgen. Heute ist das Programm erneut wirklich spannend. Nach dem Frühstück geht es ein wenig später los als gestern und wir haben ein wenig „Liquid Sunshine“ – aber das ist auch fix vorbei.
Schon nach ein paar Minuten Fahrt stoppt der Regen und wir fahren vorbei an Port Ellen. Von hier aus ist die Sicht gut genug, um die Küste Irlands zu sehen … und eine weitere Whisky Destillerie. Diese ist „noch“ geschlossen, aber das Treiben auf dem Gelände wirft die Eröffnungsschatten bereits voraus. Mit Port Ellen geht die zehnte Destillerie auf Islay wieder in den Betrieb und auf den Markt. 2019 soll es soweit sein.
Gestern haben wir Whisky-Sorten gesehen (nicht probiert), die lockere 250 Pfund kosteten .. pro Dram (Einheit), 3cl, also 30 Milliliter. Ein paar derer die wir heute sehen kommen an diesen Preis heran.
Wir starten den Tag mit der Destillerie Ardbeg. Die Brennerei liegt unglaublich schön am Wasser der Südküste Islays und hat, wie viele der Whiskydetillerien in Schottland, eine bewegte Geschichte hinter sich. Aktuell ist sie, da sie ein Teil der Glenmorangie plc ist, im Besitz von Moët Hennessy Louis Vuitton. … Jaha … die machen in Marken, nicht nur in Handtaschen und Blubberwasser. Sachen gibt’s. In der Tat macht Ardbeg aber auch anständigen Whisky. Nach der sehr angenehmen und informativen Führung durch die Brennerei, essen wir hier zu Mittag. Das ganze Ambiente und die Freundlichkeit der Menschen hier tut gut. Ein kleines Highlight während der Tour.
Nach dem sehr entspannten Start in den Tag (ja, natürlich gab es vor dem Mittag ein sehr ausführliches Tasting) sind wir zu Kildalton Cross gefahren. Einem mehr als 1300 Jahren alten Keltenkreuz auf dem Friedhof der Kildalton Chapel. Beeindruckend ist, wie gut das Kreuz erhalten ist. Beeindruckend auch, wie sehr mich dieser Ort erneut aus dem Alltag zerrt. Die Stimmung, die ich an diesem Ort fühle, kommt dem auf Iona wirklich nah und es ist sehr schade, dass ich hier nicht einfach sitzen, denken und schreiben kann.
Auf dem Weg hin und zurück fahren wir direkt an der Künste entlang und die Sonne wird nicht nur von uns geschätzt. Seehunde liegen auf den Felsen im Wasser und sonnen sich. Auf einem der Fotos sind auch welche drauf – vielleicht erkennt ihr sie ja.
Im Gegensatz zum Kildalton Cross ist Dunyveg Castle – unser nächstes Ziel – nicht mehr gut beieinander bzw. das, was davon übrig ist. Direkt vor der Destillerie Lagavulin gelegen, ist die Ruine der einstigen Burg Stammsitz des Clan MacDonald, als dieser noch als Lord of the Isles über Islay und die umliegenden Inseln herrschte. Tja, als die MacDonalds und die Campbells sich im Laufe der Jahrhunderte bekriegten (… mit der Fehde sollte man sich mal intensiver auseinander setzen, denn die begegnet einem in Schottland an jeder Ecke und durch das Massaker von Glencoe (https://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Glencoe) wird jedem klar, warum Clan Campbell selten mit einem guten Wort begleitet ausgesprochen wird), verloren die MacDonalds irgendwann Dunyveg Castle an die Campbells … und die rissen irgendwann die Mauern ein und zogen weiter.
Der Abstecher zu den Resten der Burg ist wirklich schön, zumindest bei dem Wetter heute. Bei feuchterem Wetter können die alten Steine und Abhänge recht gefährlich werden und alles, aber kein Spielplatz für Kinder.
Von der Ruine bis zur Destillerie Lagavulin sind es nur ein paar Meter und hier sparen wir uns heute die Besichtigung und gehen direkt zum Tasting über. Der Guide erklärt auf sehr einprägsame und unterhaltsame Weise die Unterschiede der einzelnen Sorten und wir probieren fleissig. Uter Whisky. Mein Favorit heute, der 16 Jahre alte aus dem Haus. Sehr fein, sehr lecker.
Im direkten Anschluss an Lagavulin haben wir noch eine Besichtigung mit Tasting in der Laphroaig und das ist ein guter Abschluss des Tagesprogramms. Die Führung kostet 10 Pfund, dafür gibt es Glas und ein Lanyard-Glas-Halter dazu und drei Drams zum Tasting. Ebenfalls prima – wer sich als „Friend of Laphroaig“ einträgt (kostenfrei) bekommt neben vielen Infos und einem Stückchen Land auch noch ein 5cl Fläschchen vom 10 Jahre alten Laphroaig. Kundenbindung funktioniert so einfach. Laphroaig produziert einen Teil des verwendeten Malz selbst und während der Führung können wir den Vorgang auch zum ersten Mal wirklich live sehen. Spannend ist anders – ist halt nur ausgebreitetes Getreide auf dem Boden, aber ich finde super, dass sie es tatsächlich noch selber machen.
Bevor wir von Laphroiag wieder zurück nach Bowmore fahren, schauen wir uns auf den Feldern noch an, woher die Destillerie den Torf bezieht und o er gestochen wird. In den weiten Moor-Feldern wird hier tatsächlich noch von Hand gestochen und „geerntet“. Hier auf Islay sagt man, dass der vorhandene Torf auf der Insel bei dem derzeitigen Bedarf der Brennereien noch gut 3000 Jahre reichen wird… Für die nächsten Generationen wird also noch ein bisschen Whisky möglich sein.
In Bowmore nutzen wir das gute Wetter noch und gehen vor dem Essen in der „Peatzeria“ (Peat = Torf) noch ein wenig zum Hafen und schauen uns die runde Kirche, eine von zweien in Schottland an. Warum man die Kirche rund gebaut hat? Damit sich der Teufel in keiner Ecke verstecken kann. Das wurde laut einer Geschichte dem Teufel bereits zum Verhängnis, denn als er in der Kirche keine Ecke zum verstecken fand um der hämischen Gemeinde von Bowmore zu entgehen, musste er wieder raus und fliehen. Die Dorfbewohner sollen ihn dann gejagt und zu den Toren der Brennerei Bowmore getrieben haben. Danach war er nicht mehr zu finden und man glaubt, dass ihm in einem der gerade gefüllten Fässer die Flucht auf das Festland gelungen sein. Ein guter Grund für die Bowmore Destillerie eine Sorte als „Devil´s Cask“ herauszugeben.
Der Tag war prima und auch wenn ich an diversen Stellen erneut sehr nachdenklich war und mich an Dinge und Menschen erinnerte: Sie waren es nicht wert. Weder die Momente, noch dass ich heute daran dachte. Ein guter Tag. Mit guten Wetter, einer umglaublichen Landschaft, tollen (ehrlichen) Menschen um mich herum und einem Haufen anständigem Whisky.
Ein paar Impressionen von heute:
Die Artikelreihe zu meiner Schottland-Tour 1/2018:
- Tag 1 / Schottland 2018 – doch wieder Weeze, Ryanair und ne Pizza
- Tag 2 / Schottland 2018 – Edinburgh Castle, der Stein von Scone und ein Disney-Store
- Tag 3 / Schottland 2018 – verlorene Hoffnung, stehende Steine und der Sitz der Könige
- Tag 4 / Schottland 2018 – Whisky, Whisky, Strand und Whisky
- Tag 5 / Schottland 2018 – Whisky, Seehunde und der Teufel im Fass
- Tag 6 / Schottland 2018 – Islay, die verlorene Speicherkarte und Loch Lomond
- Tag 7 / Schottland 2018 – Greyfriars Bobby, das National Museum und ´n Burger
- Tag 8 / Schottland 2018 – William Wallace, das Herz von Robert the Bruce und Rosslyn Chapel
- Tag 9 / Schottland 2018 – Römische Mauern, Robin Hood und das Black Dinner
- Tag 10 / Schottland 2018 – Calton Hill, Elvis und das Haggis-Tier
- Tag 11 / Schottland 2018 – Abschied … für den Moment
Mein Lieblingstag deiner Reise glaube ich. Ich liebe die Landschaft und ich mag diese kleinen Geschichten drumherum sehr. Und Whisky-Gedöns und „Laphroaig“ zum Trinken und als Name und überhaupt!