Tag 8 / Schottland 2018 – William Wallace, das Herz von Robert the Bruce und Rosslyn Chapel7 Min. Lesezeit (ca.)

Für den heutigen Tag ist eine weitere Tagestour mit Rabbie’s  geplant, vorher muss ich jedoch aus- und wieder einchecken, da ein Raumwechsel erforderlich ist. Nicht schlimm, muss eben sein. Die Abfahrt der Tagestouren von Rabbie’s ist an deren eigenem Café, der Weg dorthin von der Ankunft nur ca. 10 Minuten zu Fuß.

Das Wetter ist heute eher britisch. Immer mal wieder ein bisschen Regen, im Laufe des Tages auch mal ein wenig Schnee. Die Sicht ist eher „misty“ und der Wind sorgt für eine scharfe Kälte. Dank des Kaffees im Café und der pünktlichen Abfahrt des vollbesetzten 16-Personen-Busses komme ich aber gar nicht wirklich dazu, einmal richtig durchzufrieren.

The rolling hills o‘ the borders

Der erste Stopp heute ist der „berühmten Ausblick, “Scott´s View”, mit atemberaubendem Blick auf das Tweed Valley und die Eildon Hills.“ – so sagt es die Beschreibung der Tour. Heute ist der Blick durch die niedrig hängenden Wolken kein wirklich besonderer. Aber die Fahrt bot bereits einiges an tollen Bildern. Bei guten Wetter fahre ich hier noch mal hin … denn das muss der Blick sein, den Matt McGinn in seinem Songtext zu „The rolling hills o’ the borders“ beim Verfassen der Zeilen hatte …

When I die, bury me low
Where I can hear the bonnie Tweed flow
A sweeter place I’ll never know
Than the rolling hills o‘ the borders

Ja. Mehr kann ich dazu wirklich nicht sagen. Passt. Die Landschaft hier unterscheidet sich massiv von den Highlands und beide haben ihren eigenen Reiz.

William Wallace Statue

Nach einer kurzen Weiterfahrt machen wir einen weiteren Stopp und gehen zu einer, wenige hundert Meter vom Parkplatz entfernten, William Wallace Statue. Dem Nationalhelden hier, in mitten eines Waldes, eine Statue zu widmen … ok, aber nett ist hier wirklich.

Die Statue an sich (siehe Bild) weißt (wie der Film Braveheart) jede Menge Ungereimtheiten auf. Zum einen …. Das Schwert auf das er sich stützt ist ein typisches Schwert um berittene Truppen zu bekämpfen (die Pferde … ) und nicht für die „normale“ Schlacht geeignet. Wer so ein Schwert mit sich tragen musste, hatte zudem sicher keine Hand und Kraft mehr, einen Schild zu tragen … der Schwertknauf/Griff das das am Gürtel hängende Schwert trägt war erst deutlich später erfunden als Wallace lebte… Wallace war auch kein Highlander, daher wird er keinen Kilt getragen haben und als letzte „Kleinigkeit“ …der Helmschmückende Drache … ein Zeichen der Waliser… trotzdem: Schön, dass man eine Statue errichtet hat 🙂

Melrose Abbey und das Herz von Robert the Bruce

Unsere Mittagspause legen wir heute in Melrose ein und besichtigen die Ruinen der Melrose Abbey. Die Ruine ist schon imposant, beeindruckend und bedrückend zu gleich … wie mag die Abbey wohl in intaktem Zustand gewirkt haben. Was die Ruine bzw. den Platz noch besonderer macht: Hier, mit einer eher unscheinbaren Platte geschmückt, liegt das Herz von Robert the Bruce begraben. Schon mal gehört? Braveheart gesehen?

Der adlige mit dem Lepra kranken Vater … na, an dem Film ist nicht viel wahres dran und geschichtlich fing die eigentliche Geschichte des „Braveheart“ erst nach der Hinrichtung von William Wallace an. Robert the Bruce führte danach noch viele Jahre Krieg gegen die Engländer und zwischendurch ermordete er seinen einzigen Rivalen um den Thron Schottlands. In einer Kirche. Daraufhin wurde er von der katholischen Kirche exkommuniziert, was er sein Leben lang bereute. Um diese Tat wieder gut zu machen und als König der Schotten dann doch noch in das von der Kirche proklamierte „Heilige Königreich“ zu kommen, legte er sich wahrlich ins Zeug. Seine größte Hoffnung legte er in eine Teilnahmen an einem der Kreuzzüge – aber daraus wurde nichts. Als ihm das, kränkelnd und auf dem Sterbebett liegend, bewusst wurde, sprach er seinen letzten Willen aus und ein Teil dessen war, dass sein Herz in einem der Kreuzzüge nach Jerusalem gebracht werden sollte. Nach seinem Tod entnahm man ihm das Herz und sargte es in einen handlichen Box ein, sein Körper indes wurde in einem anderen Teil Schottlands begraben, Auf dem Weg nach Jeruslalem (über Frankreich) in Spanien kämpfte man damals an christlicher Front gegen die Mauren und die Ritter, die das Herz des schottischen König in die heilige Stadt bringen sollten, beteiligten sich in guter Hoffnung. Einer der Gefolgsleute soll dort dann irgendwas in der Art „Follow your King, you brave hearts“ gerufen und das Herz auf das Schlachtfeld geworfen haben … tja … eine der unzähligen Geschichten um Robert the Bruce … und zumindest bis zu einem gewissen Teil belegter als der Film es auch nur im Ansatz macht. Film halt. Hollywood halt. Unsere Zeit halt.

Rosslyn Chapel

Nach dem Mittagessen in Melrose fahren wir zur Rosslyn Chapel. Sie stammt aus dem 15. Jahrhundert und wurde durch Dan Brown’s Buch “Sakrileg” unsterblich gemacht. Auch hier ist natürlich jede Menge Fiktion in den Buch (und Film), aber vieles davon zeigt die Rosslyn Chanel in ihrem wahren Dasein. Die Kapelle ist selbst für einen seltenen Kirchgänger und eher skeptisch Glaubenden, faszinierend. Die unterschiedlichen und zahllosen Darstellungen innerhalb der Kirche sind beeindruckend. Leider dürfen innerhalb der Mauern keine Fotos gemacht werden, aber auf der Webseite oder auch in der Google-Bildersuche findet Ihr viele Darstellungen.

Heftig ist zum Beispiel die Lehrlings- und Meistersäule… noch heftiger: Die Geschichte dazu. In Kurzform: Der Meister hat ne schöne Säule aus Stein gehauen, der Lehrling in Abwesenheit des Meisters seine eigene Interpretation einer zweiten Säule (die eine Kopie werden sollte) gezaubert. Die Säule war eindeutig schöner und der Meister hatte sowas noch nie gesehen … woraufhin er den Lehrling direkt mit dem Holzhammer erschlug. Was für Zeiten. Die Geschichte findet ihr auch (und ausführlicher) bei Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Rosslyn-Kapelle)

Der Besuch war ok und die Eintrittsgelder gehen in eine gemeinnützige Stiftung zur Erhaltung und zum Betrieb von Rosslyn Chapel, in der für die Gemeinde des Ortes Roslin auch weiterhin Messen abgehalten werden.

Abschluss des Tages

Zum Abschluss der Tour gehe ich noch kurz über einen Friedhof in der Altstadt Edinburghs … ich finde alte Friedhöfe generell interessant, dieser hier bindet mich einen Moment und ich beschließe den Tag für heute.

Heute war für mich in der Vergangenheit mal ein etwas besonderer Tag. Schade, dass die Vergangenheit durch jemanden so kaputt gemacht worden ist – der Tag heute half mir, einen Teil davon zu überschreiben. Danke, Schottland.

Frohe Ostern.

Impressionen von heute:

Die Artikelreihe zu meiner Schottland-Tour 1/2018:

Veröffentlicht von

Thorsten Ising

Thorsten. Geboren 1972. Vater von zwei Töchtern und hier privat unterwegs. Ich brauche einen Platz für meine Gedanken, meine Beobachtungen, meine Anmerkungen. Dieser ist hier.

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