So langsam merke ich es. Schlaf wäre nicht so schlecht gewesen. Jetzt schreibe ich den Beitrag hier und bin seit 41,5 Stunden wach. Bis ich fertig bin, wird es noch einen Moment später sein. Who cares?

Ich freue mich auf die Nacht.

Der Tag war lang und zog sich zwischendurch ein bisschen. Erst bin ich durch die Gegend gelaufen, durch die Princes Street Gardens gegangen und habe dort einige Zeit auf einer Bank gesessen und mir die Ruhe genommen, die ich heute einfach brauchte. Der Park ist wirklich nett und das Wetter war heute passend genug um hier ein wenig Zeit zu verbringen.

Da in der Stadt gerade diverse Festivals sind schaue ich bei manchen Sachen einfach kurz rein und vorbei. Das was mir am meisten Spaß macht ist das Kleinkunstfestival Fringe. Neben zahlreichen Veranstaltungs-Locations in denen Theater, Musik oder sonstige Aufführungen stattfinden, geben viele Künstler und Gruppen auf der Royal Mile ihr Können zum Besten. Zauberer, Entfesselungskünstler, Mimen, Musiker, Feuerspucker … alle paar Meter eine kleine Bühne mit wechselndem Programm. Wem hier langweilig wird ist selber schuld. Mir passiert das nicht – dennoch gehe ich zwischendurch zum Hostel zurück und lade meinen Akku (den vom Handy) noch mal auf. Zum Edinburgh Royal Military Tattoo heute Abend möchte ich meine Kamera nicht mitnehmen – da braucht das Handy vollen Strom.

Ich telefoniere ein bisschen. Insgesamt geht es heute besser. Die letzten Tage waren anstrengend. Weil viele nach dem Bericht gestern fragten: Eine Beerdigung, ein wichtiger Todestag, viele Gedanken und mein Gemüt. Da hakt es schon mal im Getriebe.

Die Telefonate heben die Stimmung an und meine Vorfreude steigt. Die Akkus sind voll und irgendwann gegen 16:00 Uhr gehe ich wieder los. Mehr oder weniger direkt hoch auf die Royal Mile. Mehr oder weniger. Auf halber Strecke fehlen mir meine AirPods (Kopfhörer) – dabei höre ich gerne Musik wenn ich durch die Straßen gehe. Da es mir quasi direkt vor dem Edinburgh Apple Store auffällt, kaufe ich mir neue EarPods (mit Kabel) und verliere keine weitere Zeit. Schließlich will ich heute ein wenig mehr von der Stadt sehen und auch früh genug in der Schlange vor der Burg sein. Essen sollte ich vielleicht auch endlich mal.

Die Royal Mile ist voll. Vergleichbar mit Libori an einem Abend mit gutem Wetter. Viele Menschen umringen die Straßenkünstler, schieben sich gegenseitig von einer Seite auf die andere. Auf dem Weg zur Burg stehen bereits die Streckenposten und Helfer die später die Straßen freihalten und sperren werden. Und die Ticketankäufer und Schwarzmarkthändler. Aktueller Preis für ein Tattoo-Ticket für heute Abend, wenn ich direkt verkaufen würde: 160 Pfund. Nicht so schlecht, gekostet hat meines 72 Pfund. Ich lehne ab und freue mich noch ein Stück mehr auf nachher.

Irgendwie hatte ich das anders in Erinnerung. Waren die Straßen nicht das letzte Mal schon früher gesperrt? Passt das mit der Einlasszeit? Soll die Show nicht um 19:00 Uhr Ortszeit beginnen? Ich schaue das erste Mal wirklich auf mein Ticket. Showbeginn: 21 Uhr. Einlass ab 20:15 Uhr Ortszeit. WTF? Ich bin zwei Stunden zu früh, ärgere mich aber nicht wirklich und trinke im The Hub Café ein Bier. Das Café und der zentrale Anlaufpunkt ist eine alte, umfunktionierte Kirche. Ich sitze draußen und trinke ein „Edinburgh Gold“ – ein kräftiges Ale. Lecker.

Irgendwann reihe ich mich dann doch in die Warteschlange zum Tattoo ein und warte. Zahlreiche Busse (nach dem 24sten habe ich aufgehört zu zählen) fahren die Musiker und Tänzer zur Burg und als sie wieder zurückkommen, geht es überraschenderweise dann doch früher für die Zuschauer los. Wir dürfen rein und die aufgestellte, temporäre Tribüne auf dem Vorplatz zur Burg ist erneut beeindruckend. Platz für mehr als 8.600 Zuschauer und kein Platz bleibt heute Abend leer.

Das Royal Edinburgh Military Tattoo ist das größte Musikfestival Schottlands und ich liebe dieses Event. Während ich in den letzten Jahren viel davon nur im TV und im Internet gesehen habe, war ich bereits im letzten Jahr hier live dabei und musste unbedingt wieder her. Hierbei geht es für mich weniger um die Musik einiger Gruppen – ich mag hauptsächlich die Massed Pipes & Drums. Dudelsäcke, Trommeln und was dazu gehört. Das überzeugt auch dieses Jahr wieder extrem (mich) und die Tanzgruppen machen ebenfalls sehr viel Spaß. Mein Highlight allerdings kommt aus der Schweiz. Der „Top Secret Drum Corps“ aus Basel. Schau es Dir einfach selbst an – ich bin beeindruckt. (Hier auf Youtube gibt es viele Videos zum Royal Edinburgh Military Tatto)

Aber auch visuell geben die Veranstalter wieder alles. Die Burg wird durch Laserspiele und Projektionen passend zur Musik beleuchtet und bespielt, Feuerwerk gekonnt eingesetzt und der Moderator ist ´ne echte Bank.

Großartig.

Das findet auch Marie, die absolut begeistert ist. 92 Jahre alt und fit wie nichts. Marie kommt aus Neuseeland und wir plaudern ein wenig. Sie ist vor 50 Jahren aus Schottland ausgewandert und kommt seitdem alle fünf Jahre her. Ich weiß nicht, was mich heute Abend mehr beeindruckt. Marie oder das Tattoo.

Die Nacht wird kurz. Morgen startet meine Tour zur Isle of Skye und die äußeren Hebriden.

Ein paar Bilder von heute:

Hier findet Ihr die einzelnen Berichte der zweiten Schottlandreise 2018:

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2 Comments

  1. Verena Julia

    Guten Morgen Thorsten,
    ein toller Bericht und wunderschöne Fotos. Bin begeistert und hänge seit ungefähr einer halben Stunde bei Youtube fest. Die Musik ist toll. Und die Kulisse dazu. Mega! Live ist das sicher noch besser.
    Ich hoffe, du konntest heute Nacht ein bisschen schlafen und startest heute gut in deine Tour.
    Liebe Grüße aus dem Harz
    Verena

    • Thorsten

      Hey Verena,

      vielen, lieben Dank. Ja, Live ist es schlicht grandios. Das mit der Nacht hat geklappt. Kurz, aber erholsam. LG, Thorsten

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