Schottland-Reisetagebuch: Tag 3 – Highlands, Loch Ness, Ullapool6 Min. Lesezeit (ca.)

Die Nacht war kurz, erholsam und warm. Da ich heute auf die mehrtägige Tour aufbreche dusche ich schnell, packe mein Zeug zusammen und räume mein Zimmer. Der CheckOut läuft binnen Sekunden und ich laufe mit Koffer zur Busstation. Da erwartet mich mein morgendlicher Kaffee und allein der Gedanke daran reicht als Motivation. Zwischendurch komme ich an ein paar Coffee-Shops vorbei (Costa, Starbucks z.B.), aber ich hole mir meinen an der Edinburgh Bus Station am St. Andrew Square. Denke ich.

Falsch gedacht. Da wo ich im März noch meinen Kaffee geholt habe ist jetzt gähnende Leere. Typisch, Ising. Nicht die letzte Sache, die heute nicht klappt. Ohne Kaffee, dafür mit ner Coke und ner Flasche Irn-Bru steige ich pünktlich in den bereit stehenden Kleinbus von rabbie´s. Die Busse sind perfekt. Klein (16 Plätze), bequeme Sitze, USB-Ladestationen an jedem Sitz. Ich entscheide mich für einen Einzelplatz in der Mitte des Busses. Unser Fahrer ist Andrew, geschätzte Mitte 30 und stellt sich im Laufe des Tages als guter Typ heraus. Neben gescheitem Fahren kann er nebenbei Geschichten erzählen, ist Faktensicher und spielt gescheite Musik ab. So kann es weiter gehen.

Die Plätze im Bus sind nicht ganz gefüllt. Das wird morgen anders. Vier weitere Personen stoßen noch von einer anderen Tour aus zu uns und dann ist der Bus voll.

Von Edinburgh fahren wir los. Tagesendziel ist Ullapool an der Westküste Schottlands. Doch zunächst geht es über den River Forth (der von westlich von Stirling aus in Richtung Nordsee durch Schottland fließt) in Richtung Highlands. Die erste Pause legen wir in Dunkeld ein. Dort habe ich schon auf der ersten Schottland-Tour eine Pause gemacht und daher laufe ich einmal durch den Ort, mache ein paar Fotos von der in einem Park am River Tay liegenden Dunkeld Cathedral und setze mich die paar Minuten bis zur Weiterfahrt an den River Tay. Es ist schön hier. Kaum Menschen und eine idyllische Ruhe. Hier könnte ich es aushalten.

Auf der Weiterfahrt redet Andrew über die Wälder Schottlands. Gut, viele sind das nicht mehr. Zumindest nicht, wenn man bedenkt, dass früher – bevor die Römer nach Schottland kamen, gut 75% Schottlands bewaldet war. Die Römer gaben dem Land auch den Namen „Caledonia“ (bestimmt schon mal als Lied gehört, im Original von Dougie MacLean, gecovert von unzähligen Künstler wie Amy MacDonald etc.). Caledonia bedeutet „Land der Waldmenschen“. Der Name passt so nicht mehr. Heute sind es nur noch rund 9% Schottlands die bewaldet sind.

Wir fahren an Pitlochry vorbei, stoppen am Killiecrankie, passieren die Dalwhinnie Whisky Destillerie (guter Whisky, ich mag den 15 Jahre alten) und machen „Mittag“ in Aviemore. Niedliche, kleine Stadt und endlich bekomme ich meinen Kaffee. Und neue Schuhe. Die anderen habe ich nämlich im Hostel stehen lassen. Clever, Ising. Egal. Wir sind unterwegs und ich brauche die festeren Schuhe in den nächsten Tagen sicher. Also kaufe ich mir welche. Die Verkäuferin und ich kommen ins Plaudern. Sie kommt aus Holland, wohnt in Aachen und arbeitet hier während der Saison. So geht die Pause schnell vorbei, die Fahrt geht weiter und der nächste Stopp ist wieder dort, wo ich letztens schon mal bleiben wollte. Am Loch Ness.

Nein, ich habe Nessi nicht gesehen, habe keine Haribo Colorados in die Luft geworfen und bin auch nicht euphorisch rumgelaufen und auf meine Kamera gezeigt und Leute veräppelt.

Loch Ness ist ein Loch. Ein tiefes Loch mit viel Wasser. Ziemlich viel Wasser um genau zu sein. Der knapp 39 km lange und bis zu 1 km Teich führt alleine mehr Wasser als alle anderen Seen in England und Wales zusammen. ZUSAMMEN. Beeindruckend. So wie die Kulisse des Loch Ness. Unser Stopp ist am äußersten Ende in Dores nahe Inverness.

Wusstest Du, dass der erste, der ein Ungeheuer hier gesehen haben will, der Mönch Columba war? Columba war der Auslöser der Christianisierung Schottlands und u.a. Gründer der Iona Abbey (davon schrieb ich schon mal). Er soll also ein Ungeheuer im Loch Ness gesehen haben (ok, wer an andere nicht Sichbare glaubt und es anderen glaubhaft versichern kann, dass es sie gibt – warum sollte das also nicht mit Nessie klappen?) und hat damals versprochen, die Einwohner vor dem Monster zu beschützen. Als einer seiner Schützlinge im Wasser schwom ist Nessie also aufgetaucht und er hat es mit seinem Kreuz in der Hand verbannt. Was ein Typ. Hat Jahrhunderte lang funktioniert – denn die nächste Sichtung kam erst wieder viel später. Unter anderem als ein Fahradfahrer von seinem Rad kippte und der Polizei erzählte, dass er sich aufgrund des Monsters erschreckt habe. Ob die ihm geraten haben, nochmal in den Pub zurück zu fahren aus dem er gerade kam, weiß ich nicht. Wohl aber, dass in Dores ein Mann in einem Wohnmobil lebt (direkt an dem Strand am Dores Inn), der seit nunmehr 28 Jahren Nessie jagt und sein ganzes vorheriges Leben dafür aufgegeben hat. Vor 10 Jahren hat er es damit schon ins Guinness Buch der Rekorde geschafft.

Sei es drum: Nessie bleibt heute unter Wasser und ich mache nur ein paar Fotos vom Loch Ness.

Wir fahren durch Inverness, der einzigen Stadt in den Highlands und halten kurz für ein Foto von der Burg. Inverness hat rund 57000 Einwohner (inkl. Umland) und ist sicher mal einen längeren Besuch wert.

Nach zwei weiteren kleinen Fotostopps (u.a. die Silver Bridge am Black Water River) erreichen wir gegen Abend unser heutiges Ziel. Ullapool an der Westküste. Richtig netter Ort mit Hafen, Fähranleger und einem Bett für mich. Ich mag B&B und habe auch dieses Mal so gebucht. Mein „Refugium“ für heute Nacht, dass Millview Bed & Breakfast. Nette Menschen, tolles Zimmer und das Frühstück gibt es morgen direkt auf dem Zimmer serviert. Kaffee, Getränke und Obst stehen bereit und das WLAN ist frei und schnell. Super. Hier werde ich in sicher gut schlafen. Doch vorher gehe ich runter zum Hafen, esse einen Happen, arbeite ein wenig und schreibe diesen Beitrag, der jetzt zu Ende ist 😀

Ok, eine Sache noch. Mein persönlicher Held des Tages. Ein in die Jahre gekommener (geschätzt über 80 Jahre alt) freundlicher Mann aus der Gegend wundert sich über meine Körpergröße, spricht mich darauf an und fragt wie groß ich bin. Ich antworte ihm „189cm laut Ausweis“, worauf er mir mit sichtlich viel Spaß rät, im Winter in den Highlands gut auch mich aufzupassen, damit mir kein Eis auf dem Kopf wächst. Herrlich. Wir lachen.

Bis morgen!

Ein paar Bilder von heute:

Hier findet Ihr die einzelnen Berichte der zweiten Schottlandreise 2018:

Veröffentlicht von

Thorsten Ising

Thorsten. Geboren 1972. Vater von zwei Töchtern und hier privat unterwegs. Ich brauche einen Platz für meine Gedanken, meine Beobachtungen, meine Anmerkungen. Dieser ist hier.

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